Kritiken
Westfälische Nachrichten
Bestürzend schlichte Größe (Markus Küper)
Gerade einmal vierstimmig ist Olivier Messiaens "O sacrum convivium". Wenn aber "Musica Sacra" sich zur Erinnerung an Christi Leiden zur Kommunion aufsingt, scheint das Mysterium des Sakraments von einem ganzen Engelschor bestaunt zu werden. So sehr weitet sich diese ruhige, transzendente Musik bei ihnen zur mystischen Anbetung. Und das will gekonnt sein.
Nicht alles, was das gerade einmal 23-köpfige Ensemble in der kleinen Klosterkirche der Karmeliten zu Gehör brachte, war von derart bestürzend schlichter Größe wie Messiaens harmonisch höchst anspruchsvolle Motette. Aber wer so etwas so schön hinbekommt, der kann anderes erst recht. Dabei blieb das aus dem gleichnamigen Lübecker Ensemble hervorgegangene, seit vier Jahren mit dem Kammerchor Handorf eine fruchtbare Liaison eingegangene Ensemble seinem Namen treu. Nur Geistliches stand auf dem gut einstündigen Programm "Sei Lob und Preis mit Ehren...", das mit Hassler begann und mit Petr Eben endete.
Ein Programm durch die Jahrhunderte, ein Programm, bei dem der Chor unter seiner Leiterin Michaela Ratte zeigen konnte, was er drauf hat. Und das war nicht wenig: Vom schwebenden Engelsklang der freiströmenden Polyphonie von Schütz' "Die Himmel erzählen die Ehre Gottes" (aus der Geistlichen Chormusik), die sich zu mächtigen Akkordsäulen formiert, um dann als beeindruckende musikalische Vision der göttlichen Majestät zu enden. Bis hin zum zügigen, von schweren Halbtonschritten und Echowirkungen durchsetzten "Cantico delle creature", mit dem Petr Eben den "Sonnengesang" des Franz von Assisi so lautmalerisch ins zwanzigste Jahrhundert rettete.
Allein diese markanten Eckpfeiler hätten den Weg zum Hörsterplatz gelohnt. Jede Stimme scheint dem Ensemble absolut gleichberechtigt. Jede Mittelstimme ist so wichtig wie der Diskant oder der Bass. Das ist nicht leicht, stellt ein solches Klangideal doch höchste Anforderungen an das Ensemble, das dem oft so komplexen Simmgewirr Kontur und Profil verleihen muss. Aber Michaela Ratte hatte ihren Klangkörper fest im Griff.
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